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Küstriner Briefe

Ewald Naumann
  
Briefe aus Küstrin von Febr./März 1945
an seine Familie in Stralsund
 (Die fetten Markierungen wurden von Siegfried Neubauer gesetzt, um einen schnelleren Überblick zu erhalten.)
           Hier ein Auszug:
E. Naumann             (2) Küstrin, 08.02.1945
No 2                            Volkssturm 16/115/4
Liebe Erna u. liebe Verwandten nebst Günterlein!
Ab heute können wir schreiben. Eine Zeitlang waren wir ganz eingeschlossen. Augenblicklich ist wieder Verbindung nach dem Westen. In meinem Brief von vorgestern habe ich Euch bereit einiges mitgeteilt. Der 1. große Brand ist noch umfangreicher gewesen, als wir annahmen. Colax Gasthof ist zusammengeschossen. Das Nachbarhaus zur Schule ist abgebrannt. Das Grundstück Hirschbruch u. Masches Häuser sind ebenfalls ziemlich zerstört. Die Häuser Schleusener, Tuch-Tamm u. Malzahn sind ausgebrannt. Die Rackelmannstr. mit der Kaserne sind arg mitgenommen. Hier sind überall die Fenster u. Türen heraus. Gestern um 21.00 Uhr wurde das Viertel Seilicke Mörsel mit Gegenseite in Brand geschossen. Es war ein riesiger Brand. In unserer Wohnung u. Keller ist alles in Ordnung. Ich habe mir gestern Mohrrüben mitgenommen. Frau Wesch kocht noch für mich. Sie will jedoch bei bietender Gelegenheit sich entfernen. Gretes Laden mit den Warenvorräten ist vorgestern Abend beschlagnahmt worden. Hier soll Frau Lindemann herein. Sie sträubt sich jedoch. Im Laden war keine Ware mehr zu finden. Ich hatte einige Stunden vorher alles Saeckert u. Kurt Arnd gegeben. Beide müssen mich in den Privatsachen mit Rat u. Hilfe unterstützen. Es geht alles sehr gut. Ich bin zufrieden, dass ich unsere Werte noch verwalten kann.
Die desertierten Soldaten haben einige Tage böse gehaust. Sie haben Wohnung aufgebrochen und Keller. Seit gestern herrscht ganz strenge Zucht. Sämtliche Häuser wurden nach Soldaten durchsucht. Diese dürfen sind in Privatquartieren nicht mehr aufhalten. Vor einigen Tagen wurden 15 Ostarbeiter wegen Plünderei erschossen. Man spricht, dass auch Deserteure nicht verschont wurden. Es ist hierdurch ein anderes Leben eingezogen. Von Krüger habe ich noch nichts weiter erfahren können (Anmerkung Günter: Fleischerei Drewitz). In ihrem Viertel sind noch die Russen. Nach den Erzählungen sind sie noch am Leben.
Im Büro bin ich bereits auch gewesen (Anmerkung Günter: Finanzamt, Landsberger Str.). Hier haben die Soldaten in meinen Tischkästen alles durcheinander geschmissen. Mein Füllfederhalter ist fort. Viel Freude haben sie hieran nicht, da er nicht richtig schreibt. Den guten Halter habe ich mitgenommen. Die guten Esslöffel werde ich in meinem Rucksack nehmen. Sie lagen im Büffet im mittelsten Kasten in Seidenpapier.
Von meinen Verwandten im Bruch weiß ich nichts (Anmerkung Günter: Obergennin, Bahnstation Düringshof, Strecke Küstrin-Landsberg).
Seit vorgestern sind von Landsberg/W. der Oberbürgermeister, Kreisleiter, Kreisbauernführer, Stadtamtmann u. Kriminaloberinspektor, seine 3 Stenotypistinnen u.w. 12 Polizeibeamte zur Sicherstellung der Belange der Zivilbevölkerung hier. Es dürften noch ca. 10.000 Frauen und Kinder hier sein.
An Eberhard u. Hans-Heinrich habe ich vormittags geschrieben. Bitte schreibt an die anfangs genannte Adresse.
Nun lasst es Euch wohl gehen u. seid vielmals gegrüßt Euer Ewald.
Hebt die Marken auf.

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